Eine Histaminintoleranz ist eine Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber Histamin, weshalb sie auch als Histamin-Unverträglichkeit bezeichnet wird. Ärzte und medizinisches Fachpersonal sprechen manchmal auch von einer Histaminose, die eine Änderung des normalen Histaminstatus meint. Histamin als natürliche Substanz kommt in zahlreichen Lebensmitteln vor wie gereiftem Käse oder Wurst. Werden diese verzehrt, treten bei histamin-intoleranten Menschen Beschwerden auf, die allergischen Reaktionen ähneln. Dazu gehören Hautrötungen, Juckreiz, Schnupfen, Niesen oder Kopfschmerzen. Es ist wichtig zu wissen, dass Histaminintoleranz nicht mit einer Allergie gleichzusetzen ist. Bei Histaminintoleranz reagiert der Körper auf erhöhte Histaminmengen mit Unverträglichkeitssymptomen, jedoch nicht mit einer allergischen Reaktion. Der wesentliche Unterschied ist, dass bei Allergien das Immunsystem beteiligt ist, bei Unverträglichkeiten (wie der Histaminintoleranz) hingegen nicht.

Wer ist von einer Histaminintoleranz betroffen?
Eine Histaminintoleranz betrifft etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland, wobei zwei von drei Betroffenen weiblich sind. Interessanterweise sind rund 80 Prozent der Personen mit Histaminintoleranz über 40 Jahre alt, wobei sich eine Histamin-Unverträglichkeit auch schon in jüngeren Jahren manifestieren kann.
Was ist Histamin und wie wirkt es?
Histamin ist ein sog. biogenes Amin, das aus der Aminosäure Histidin entsteht, indem Kohlendioxid abgespalten wird. Im menschlichen Körper findet sich Histamin in praktisch allen Geweben, insbesondere in Mastzellen, basophilen Granulozyten und Zellen der Magenschleimhaut. Histamin übernimmt wichtige Funktionen als Gewebshormon und Neurotransmitter (= biochemische Botenstoffe). Es ist auch ein Entzündungsmediator, was bedeutet, dass es Entzündungsreaktionen im Gewebe einleitet und aufrechterhält – vor allem bei Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Histaminintoleranz.
Histamin entfaltet seine Wirkung, indem es an verschiedene Histamin-Rezeptoren (H1-, H2-, H3- und H4-Rezeptoren) bindet. Diese befinden sich an verschiedenen Stellen im Körper und vermitteln unterschiedliche Wirkungen. Die H1-Rezeptoren kommen in zahlreichen Körpergeweben und Organen vor wie z.B. dem Gehirn, in Mastzellen (im Gewebe oder Blut) oder in Zellen an der Innenseite von Blutgefäßen (sog. Endothelzellen). Werden sie aktiviert, kommt es zu einer Ausschüttung von Histamin, welches eine erhöhte Durchlässigkeit und Erweiterung der Blutgefäße verursacht. Daher spielen H1-Rezeptoren bei vielen allergischen Erkrankungen wie Asthma oder allergischer Schnupfen sowie bei Unverträglichkeiten eine Rolle. Die H2-Rezeptoren sind z.B. im Magen, dem Herzen oder auch in Blutgefäßen zu finden. Ihre Hauptfunktionen besteht in einer gesteigerten Magensäureproduktion und der Erhöhung der Herzfrequenz durch die Histamin-vermittelte Erweiterung der Blutgefäße. Die H3-Rezeptoren sind vorwiegend in den Bronchien, im Magen-Darmtrakt sowie im zentralen und peripheren Nervensystem vorhanden. Sie beeinflussen beispielsweise den Schlaf-Wach-Rhythmus. H4-Rezeptoren befinden sich hauptsächlich auf Blut- und Abwehrzellen wie Mastzellen, T-Zellen und neutrophile Leukozyten und sind in Prozesse des Immunsystem eingebunden. Sie beteiligen sich im Rahmen von allergischen Reaktionen an der Ausschüttung und Bildung von Botenstoffen und der Anlockung von Abwehrzellen wie weißen Blutkörperchen an den Entzündungsort.

Histamin wird im Körper freigesetzt, wenn wir auf bestimmte Stoffe allergisch reagieren oder sie nicht vertragen. Zu den körperlichen Reaktionen gehören z.B.:
- Hautrötungen: Histamin lässt die Blutgefäße anschwellen, was zu Hautrötungen führt, weil mehr Blut in den betroffenen Hautbereich fließt.
- Schwellungen und Quaddeln: Histamin macht die winzigen Blutgefäße durchlässiger, sodass Flüssigkeit austritt und Schwellungen entstehen können.
- Verengung in Atemwegen und Verdauungstrakt: Histamin bewirkt eine Verengung der Muskeln in den Atemwegen und im Verdauungstrakt, was zu Atembeschwerden und zu beschleunigten Darmbewegungen führen kann.
- Juckreiz: Histamin kann sensible Nervenendigungen stimulieren (über H1-Rezeptoren) und so Juckreiz verursachen.
- Erhöhte Sekretion: Nasen-, Speichel- und Bronchialdrüsen produzieren mehr Flüssigkeit unter dem Einfluss von Histamin.
- Herz-Kreislauf-Effekte: Histamin erweitert die kleinsten Blutgefäße. Der dadurch entstehende Flüssigkeitsverlust aus den Gefäßen führt zu vermehrter Blutansammlung in den Extremitäten (wie Arme und Beine) sowie zu einem niedrigen Blutdruck. Es kann zu schweren Komplikationen wie Kreislaufschock kommen, was den Körper dazu veranlasst, Stresshormone zu produzieren.
- Mögliche Rolle bei Migräne: Histamin könnte auch Migränebeschwerden begünstigen, indem es die Blutgefäße im Gehirn erweitert.
Wie wird Histamin abgebaut?
Der Körper baut Histamin mithilfe der Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) und der Diaminoxidase (DAO) ab. Dieser Abbau kann beispielsweise durch Alkoholkonsum behindert werden. Große Mengen an Histamin können Vergiftungen auslösen. Nimmt man Histaminmengen über 100 mg auf, treten in der Regel leichte Beschwerden auf, bei Mengen über 1.000 mg kann es zu schweren Vergiftungserscheinungen kommen. Die Verträglichkeit hängt von der Quelle ab, über welche das Histamin aufgenommen wird. Zum Beispiel vertragen viele Menschen Histamin in Käse besser als in Fisch.
Literaturquellen:
Reese et al.: Leitlinie zum Vorgehen bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Histamin, Allergologie, Jahrgang 44, Nr. 10/2021, S. 761-772
Lüllmann H. et al.: Pharmakologie und Toxikologie: Arzneimittelwirkungen verstehen – Medikamente gezielt einsetzen, 18. überarbeitete Auflage 2016, Thieme Verlag